Erleben und Auswirkungen der Operation

Unsere Interviewpartner erzählen von Erfahrungen mit sehr unterschiedlichen Operationstechniken, die von minimalinvasiven Eingriffen mithilfe einer Bauchspiegelung, Unterbauchschnitt und Dammschnitt reichen. Für diejenigen, die vor längerer Zeit, teilweise vor über 10 Jahren, operiert wurden, war der Eingriff deutlich belastender als für Männer, die erst vor kurzem operiert wurden. Das Ziel einer Operation ist die Heilung des betreffenden Mannes durch die komplette Entfernung des Tumors, was in den letzten Jahren schonender und mit geringeren Nebenwirkungen in Bezug auf Wiederherstellung der Funktionalität und Mobilität möglich ist, wie die Erfahrungen unserer Interviewpartner zeigen.

Durch das Entfernen der Prostata (radikale Prostatektomie) samt der sie durchlaufenden Harnröhre, der Samenbläschen und -leiter sowie einem Teil des Blasenhalses tritt zwangsweise eine Zeugungsunfähigkeit ein, womit auch unsere Gesprächspartner umgehen mussten. Außerdem verlaufen an der Prostata entlang zwei Gefäß-Nerven-Bündel, die Nervenfasern enthalten, die für die Erektion wichtig sind. Somit können als Folgen des Eingriffs neben der Kontinenz auch die Potenz beeinträchtigt werden, wovon viele unserer Interviewpartner berichten (Partnerschaft und Sexualleben sowie Leben mit Inkontinenz).

Für unsere Interviewpartner war neben ihrem Befinden der Operationsbefund ein zentraler Moment ihrer Krankengeschichte. Sie betonen, dass für sie die Frage, ob der Krebs entfernt werden konnte, sehr wichtig war und eine entscheidende Rolle bei der Bewertung des Resultats darstellte. Für viele war das sehr positiv, einige Gesprächspartner wurden jedoch auch mit negativen Ergebnissen und Komplikationen konfrontiert. Manche erzählen, dass während der Operation nachgeschnitten werden musste und daher Nervenerhalt nicht möglich war.

Andreas Wolke war froh, dass sein Befund besagte, es konnten wohl alle Krebszellen entfernt werden.

Helmut Wurm wurde nach seiner Operation mitgeteilt, dass weit geschnitten werden musste.

Auch die Narkosenachwirkungen wie Benommenheit oder Übelkeit wurden von einigen als unangenehm beschrieben, welche jedoch schnell wieder vergingen.

Schmerzen waren auch für unsere Interviewpartner beim Erleben der Operation ein Thema, dass jeder anders bewertete. Manche berichten, dass sie kaum Schmerzen empfanden und über die gute Schmerzbehandlung froh und erstaunt gewesen seien. Andere hingegen sprechen von einer schmerzhaften Heilung der Narbe, weshalb sie sich anfangs, immer wieder ausruhen mussten. Bernd Voigt konnte durch seine Dammschnitt-Operation schlecht sitzen und bekam einen Sitzring, der ihm half.

Die Situation im Krankenhaus selbst war für viele auch neu und ungewohnt und zum Teil auch belastend. Besonders die Situation, durch die Mehrbettzimmer nur eine eingeschränkte bzw. keine Privatsphäre zu haben, war für manche belastend. Andere sprechen von einer positiven, heiteren Atmosphäre mit ihren Zimmerkollegen. Gerade die Nächte waren aber für einige im Krankenhaus beklagenswert, was auch mit der Länge des Krankenhausaufenthalts zusammenhing. Einige Männer konnten schon nach einigen Tagen nach Hause, andere mussten aufgrund von Komplikationen mit der Wundheilung oder dem Katheter zum Teil mehrere Wochen bleiben und schildern, körperlich abgebaut zu haben. Luca Giordano musste aufgrund einer entzündeten Fistel im Darm fast ein Jahr im Krankenhaus bleiben, was ihn sehr verunsicherte. Doch viele waren überrascht, dass sie nach einigen Tagen schon wieder mobil waren und herumlaufen konnten.

Katheter

Viele unserer Gesprächspartner beschreiben, dass der Umgang mit einem Dauerkatheter unangenehm und belastend gewesen sei. Einige beschreiben auch, dass dieser scheuerte und zum Teil Schmerzen verursachte, etwa wenn sie sich während des Schlafs ungünstig drehten. Bevor der Katheter entfernt werden konnte, musste die Dichtigkeit geprüft werden, also ob die Blase gut mit der Harnröhre verwachsen war. Viele Männer freuten sich und waren erleichtert, als sie den Katheter nach einigen Tagen wieder los waren. Manche Männer mussten mehrmals untersucht werden, bevor ihr Katheter gezogen wurde, weil das Anwachsen länger dauerte. Bei vielen Männern konnte der Katheter noch im Krankenhaus entfernt werden, einige hatten ihn noch ein paar Tage zu Hause, bevor er gezogen wurde. Bei Georg Sommer bildete sich eine Aussackung, so dass sein Katheter 6 Wochen blieb und er deshalb nicht in die Reha konnte.

Juergen Hoffmanns Katheter verursachte Schmerzen, umso erleichterter war er, als er gezogen wurde.

Thomas Lange hatte Angst vor der Katheterentfernung und übte aus dem Knie heraus zu pinkeln.

Für Bernd Voigt war der Katheter belastend und er wollte, dass dieser bald entfernt wird.

Begleiterscheinungen

Nach dem Entfernen des Katheters merkten einige Männer, dass etwas anders war. Während bei manchen Männern nach anfänglichen Problemen mit der Kontinenz alles wieder völlig normal war, beschreiben andere, dass sie „undicht“ waren, was für sie überraschend und sehr unangenehm gewesen sei. Für viele stellte die Inkontinenz ein grundsätzliches Problem dar, für Peter Engel war es sogar ein Schock, da er es vorher als mögliche Nebenwirkung verdrängt hatte. (Leben mit Inkontinenz).

Bei Bernd Zimmermann wurde jeden Tag im Krankenhaus der Urinstrahl geprüft, was er mit Humor nahm.

Neben der Kontinenz gab es auch Veränderungen bei der Potenz, wie einige unserer Interviewpartner erzählen. Für viele ging es bei der Operation primär um die Entfernung der Krebszellen, so dass die Potenz für sie nur ein sekundäres Thema gewesen sei. Trotz nervenschonender Operation berichten einige, dass die Erektion nicht mehr wie vorher möglich sei. Manche bekamen hierfür von ihrem Arzt Hilfsmittel verschrieben oder suchten zunächst nach Wegen, wie sie mit dem Problem umgehen könnten (Partnerschaft und Sexualleben).

Andere sprechen von weiteren körperlichen Folgeerscheinungen wie Muskelschwund, was sie beim Spazieren gehen oder Radfahren spürten. Ernst Lehmann glaubt hingegen, durch die Operation zugenommen zu haben und ernährt sich nun bewusster. Auch erlebten einige Veränderungen der Darmkfunktion oder vermehrtes Schwitzen, besonders nachts (Veränderungen und Einschränkungen im Alltag).

Bernd Voigt hat auch heute noch ab und zu Hitzeschübe und bekam am Anfang manchmal einen „kleinen Moralischen“.

Die Rückkehr zur Normalität nach der Operation war für einige Männer auch mit „banalen“ Dingen wie Duschen zu dürfen oder ruhig zu schlafen verbunden. Es gibt auch Männer, die erzählen, dass sie im Nachhinein nicht sicher sind, ob die Entscheidung für die Operation richtig gewesen sei.

Michael Albrecht weiß nicht, ob er es genauso gemacht hätte, wenn er gewusst hätte, was auf ihn zukommen würde.

In der Folge der Operation wird regelmäßig der sogenannte PSA-Wert gemessen, um zu prüfen, ob der Tumor vollständig entfernt wurde (Nachsorge). Das prostataspezifische Antigen (PSA) ist ein Eiweiß, welches ausschließlich von Prostatazellen gebildet wird und kann daher über die Aktivität der Prostata Auskunft geben. Nicht bei allen konnten die Krebszellen komplett entfernt werden. Bei einigen erfolgte eine Nachbehandlung und es wurde versucht, den PSA-Wert entweder durch Bestrahlung oder durch Hormontherapie zu senken (Bestrahlung und Hormontherapie).