Die Erfahrungen von Georg Sommer

Portrait Georg Sommer ist 63 Jahre alt, verwitwet und hat zwei Kinder. Er ist bereits berentet. Nachdem 2007 Prostatakrebs festgestellt wurde, machte er enttäuschende Erfahrungen mit nahen Angehörigen, Arbeitskollegen und beim Kennenlernen von Frauen.

Schon im Vorfeld der Prostatakrebserkrankung hatte Georg Sommer mit anderen urologischen Erkrankungen zu tun. Bei den regelmäßigen Untersuchungen, die er durchführen ließ, wurde ein erhöhter PSA-Wert festgestellt, der jährlich weiter beobachtet werden sollte.

2006 verstarb Georg Sommers Ehefrau überraschend. Das habe ihn sehr beschäftigt und der nächste Kontrolltermin beim Arzt rückte nach hinten. Als bei der nächsten Untersuchung der PSA-Wert weiter gestiegen war, folgte eine Biopsie, wodurch Prostatakrebs festgestellt wurde. Die Diagnose war für Georg Sommer kein Weltuntergang, auch weil er gedanklich noch sehr mit dem Tod seiner Frau beschäftigt war. Er habe sich kaum mit der Diagnose auseinandergesetzt und sich ohne viele Informationen für eine Operation entschieden, welche er gut überstanden habe.

Seine größte Sorge, inkontinent zu bleiben, hat sich nicht bestätigt, allerdings leide er seit der Operation unter Impotenz. Es habe ihn sehr belastet, dass seine Kollegen ihn fast täglich mit dummen Bemerkungen in Bezug auf seine Männlichkeit und Impotenz gemobbt haben. Weiterhin habe er in seiner Wohngegend mit Beleidigungen umgehen müssen und schlechte Erfahrungen beim Kennenlernen von Frauen gemacht, wenn er von seiner Erkrankung erzählte. Er verfolge daher den Wunsch nicht weiter, eine neue Partnerin zu finden.

Georg Sommer fühlt sich auch von nahen Angehörigen enttäuscht, die gegen seinen Willen in seinem Dorf verbreiteten, dass er an Prostatakrebs erkrankt ist. Durch die Erkrankung sei er sehr zurückhaltend geworden und betrachte es als Eigenschutz, anderen nicht davon zu erzählen. Zu dieser Zeit wünschte er sich eine vertraute Person, mit der er sich austauschen kann oder die ihm einfach zuhört. Er wurde noch selbstständiger und fand vielfältige Strategien, um allein mit seinen Sorgen fertig zu werden: er dachte viel nach, wog Pro und Contra ab, habe viel gearbeitet, gelesen und sich nicht hängen lassen. Wenn es ganz schlimm war, sei er mit seinem Hund durch den Wald gelaufen, um zu entspannen. Für die Zukunft wünscht sich Georg Sommer, einen neuen Freundeskreis zu finden und die mehr als 3000 Kilometer auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela zu laufen.

Das Interview wurde Anfang 2013 geführt.

 

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