Die Erfahrungen von Ernst Lehmann

Portrait Ernst Lehmann ist über 70 Jahre alt und verheiratet. Im Jahr 2003 erfuhr er von der Prostatakrebsdiagnose. Aufgrund seiner Tätigkeit in der Landwirtschaft, sind die körperlichen Einschränkungen durch den Krebs für ihn besonders spürbar.

Auf den Impuls seiner Ehefrau hin ging Ernst Lehmann zur Früherkennung zu seinem Hausarzt. Da er bereits mit dreißig Jahren an Hodenkrebs erkrankt war, hatte er schon Krebserfahrung, bevor ihm 2003 mittels eines PSA-Testes und einer Biopsie Prostatakrebs diagnostiziert wurde. Die Diagnose erhielt er von einem befreundeten Urologen Heiligabend über das Telefon. Dies sei natürlich kein schönes Weihnachtsfest gewesen, so Ernst Lehmann.

Die Zeit nach der radikalen, perinealen Prostataektomie war für ihn sehr belastend: Er benötigte einen Katheter und musste in einer Therapie die Funktion seines Schließmuskels wiederaufbauen. Auch dass er seit der Operation keinen Geschlechtsverkehr mehr ausüben kann, bedauert Ernst Lehmann sehr. Dennoch habe er es geschafft, diesen Umstand zu akzeptieren und zu erkennen, dass das Leben noch viele andere schöne Dinge biete. Außerdem sei er dankbar dafür, gesunde Kinder und Enkelkinder zu haben.

Die mentale Einstellung zum Krebs ist für Ernst Lehmann ein zentraler Bestandteil innerhalb der Krankheitsbewältigung. Er sagte sich selbst immer wieder, dass Krebs eine Krankheit wie jede andere sei und auch er selbst einen Beitrag zur Heilung leisten kann und muss, indem er gesund lebt. Nach anfänglicher Ablehnung nahm er während seiner Rehabilitation das psychologische Therapieangebot wahr, was er als bereichernd für seine Auseinandersetzung mit dem Krebs einstuft. Seine Frau war ihm ebenfalls eine große Stütze, weil sie ihm das Gefühl gab, getragen zu sein. Ernst Lehman betont: Mittragen ist hilfreicher als Mitleid.

Dennoch befinde er sich im ständigen Habacht-Sein und denke bei Schmerzen sofort an Metastasen. Durch seinen landwirtschaftlichen Beruf fehle ihm aber die Zeit, den Gedanken über die Krankheit und das Sterben nachzuhängen. Irgendwann schleiche sich Gleichgültigkeit ein, was Ernst Lehmann allerdings auch als positiv bewertet: Ständig in Angst zu leben, mindere irgendwann die Lebensqualität. Der Glaube an Gott und auch die Gewissheit, von seiner Familie im Sinne des Generationenvertrags noch gebraucht zu werden, halfen ihm bereits bei seiner Hodenkrebserkrankung sehr dabei, nicht alles hinzuschmeißen und aufzugeben. Er habe Grund zum Dankbarsein, dass ihm das Leben neu geschenkt wurde, erzählt Ernst Lehmann und würde heute alles noch einmal genauso machen.

Das Interview wurde Mitte 2013 geführt.

 

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