Die Erfahrung von Silke Fuchs

Portrait Psychogene Anfälle. Silke Fuchs ist 47 Jahre alt, verheiratet und Mutter von drei Kindern. Ihren ersten Anfall hatte sie im Alter von 18 Jahren. Jahrelang ging sie davon aus, an Epilepsie zu leiden, jedoch wurden kurz vor diesem Interview, während eines Aufenthaltes in einer Fachklinik für Epilepsie, psychogene Anfälle diagnostiziert. Früher arbeitete Silke Fuchs als Tagesmutter. Seit die Anfälle gehäuft auftraten, konnte sie diese Tätigkeit nicht mehr ausüben.

Den ersten großen Anfall mit Zungenbiss hatte Silke Fuchs nach einem Schlag auf den Kopf und anschließendem Sturz, als sie 18 Jahre alt war. Der Anfall wurde auf den Schlag zurückgeführt und folgende kleinere Anfälle fanden innerhalb ihrer Familie lange Zeit wenig Beachtung. Auch wurde sie in dieser Zeit nicht medikamentös behandelt und sie lebte viele Jahre mit ihren Anfällen. Ihre Anfälle kündigen sich oft, jedoch nicht immer, durch ein vorhergehendes ungutes Gefühl an.

Im Umgang mit der Krankheit hat Silke Fuchs viele schmerzhafte Erfahrungen gemacht. Bei einem Anfall in der Öffentlichkeit wurde sie von Passanten beschimpft, da diese sie für betrunken hielten. Dieser Hilflosigkeit wollte sie sich fortan nicht mehr aussetzen und beschloss, sich für einige Zeit aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen.

Silke Fuchs schildert, dass ihr Mann und ihre Kinder auch immer wieder durch die Anfälle belastende Situationen erlebt haben. Einen Anfall, unmittelbar nach der Geburt ihres zweiten Kindes, schildert sie als das schmerzhafteste und traurigste Ereignis ihres Lebens, da sie durch diesen Anfall die erste Zeit mit ihrem Kind nicht bewusst habe erleben können. Auch den Ehemann habe diese Erfahrung sehr belastet. Ihr Sohn hatte während seiner Kindheit ebenfalls mit Anfällen und daraus resultierenden Belastungen durch Ausgrenzung zu kämpfen, ist seit der Pubertät jedoch anfallsfrei.

Silke Fuchs hat viele Erfahrungen mit Ärzten gemacht. Jahrelang wurde sie medikamentös falsch behandelt, obwohl sie immer wieder bei den Ärzten nachfragte. Deswegen betont sie die Wichtigkeit des Dialoges mit den Ärzten. Sie wünscht sich mehr Bereitschaft bei den Experten, aus den einzelnen Fällen zu lernen.

Kurze Zeit vor diesem Interview wurden bei Silke Fuchs psychogene Anfälle diagnostiziert. Sie versucht, die neue und überraschende Diagnose anzunehmen und sucht nun nach der Ursache. Sie schildert, dass es wichtig ist, Wut und Hilflosigkeit nicht zu unterdrücken, sondern sich stattdessen den eigenen Gefühlen zu stellen, um keine weiteren Anfälle zu provozieren.

Kraft findet Silke Fuchs auch im Gespräch mit Anderen. Sie versucht, sehr offen mit ihren Kindern über die Anfälle zu sprechen. Ihre persönlichste und größte Kraftquelle ist ihr Glauben, mit dessen Hilfe sie auch mit schwer anzunehmenden Ereignissen und Zweifeln umgehen kann.

Das Interview wurde im Februar 2012 geführt.

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