Die Erfahrungen von Gerd Osten

Portrait Gerd Osten ist 65 Jahre alt und lebt gemeinsam mit seiner Partnerin. Er hat drei Kinder aus früheren Ehen sowie zwei Enkelkinder. Gerd Osten befindet sich mittlerweile im Ruhestand. Seinen Beruf als Arzt übte er mit längeren Unterbrechungen auch während seiner Erkrankung aus.

Gerd Osten erzählt, dass er durch Blut im Stuhl auf seine Erkrankung aufmerksam geworden sei. Als Arzt untersuchte er sich zunächst selbst. Daraufhin bat er einen ärztlichen Kollegen, eine Darmspiegelung durchzuführen, welche letztlich zur Diagnose Rektumkarzinom führte.

Für die erforderliche Operation suchte er eine bestimmte Klinik auf, die ihm in Aussicht gestellt hatte, dass das notwendige Dünndarmstoma später wieder zurückverlegt werden würde. Im Anschluss an die Operation folgte eine intensive Bestrahlung des Tumorgewebes.

Gerd Osten fand es problematisch, dass er nach der Operation sehr schnell aus der Klinik entlassen wurde, da sich Komplikationen einstellten. Zum einen dauerte es lange, bis der Dünndarm wieder arbeitete, wobei er sich mit einer selbstgelegten Magensonde zur Druckentlastung behelfen konnte. Zum anderen bekam er eine Thrombose im Fuß, die medikamentös behandelt werden musste.Einige Wochen nach der Operation begann eine ambulante Chemotherapie. Dabei litt er besonders unter einer Polyneuropathie als Nebenwirkung der Medikamente .

Die geplante Rückverlegung des Dünndarmstomas konnte auf Grund von Komplikationen erst nach einem Jahr durchgeführt werden. Die Zeit nach der Rückverlegung des Stomas schildert Gerd Osten als schwierig, da er mit Stuhlinkontinenz und Entzündungen der Haut kämpfen musste. Er begann daraufhin eigenständig mit Darmspülungen, durch die er die Entzündungen gut in den Griff bekam.

Gerd Osten schildert, dass sein Familienleben während der Zeit der Erkrankung von Konflikten und Trennungen geprägt war. Unterstützung während der Erkrankung erfuhr er aber von Kollegen bei der Arbeit. Er erzählt, dass ihm vor allem der menschliche Umgang miteinander dort wichtig war.

Gerd Osten durchlebte große Verunsicherungen durch die Erkrankung und veränderte daraufhin viel in seinem Leben. Er erzählt, dass er durch die Erkrankung gelernt habe, sich helfen zu lassen; anfangs durch Mitpatienten bei alltäglichen Dingen, später durch eine Psychotherapie. Daneben sei er nach der Erkrankung eine neue Lebenspartnerschaft eingegangen, in der ihm viel Verständnis entgegengebracht werde und in der auch die Langzeitfolgen der Erkrankung mit Humor angenommen würden. Er erzählt, dass er dadurch nach vielen persönlich und gesundheitlich schwierigen Jahren zu einer neuen Lebendigkeit gefunden habe.

Das Interview wurde im Winter 2012 / 2013 geführt.

 

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